Die Zinsen in der EU bleiben weiterhin nahezu auf Rekordniveau, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag in Frankfurt beschlossen hat. Der Leitzins bleibt unverändert bei 4,5 Prozent, was den zweithöchsten Stand seit Einführung des Euros darstellt.

Lediglich im Jahr 2000 war der Leitzins kurzzeitig höher und betrug damals 4,75 Prozent. Die Banken erhalten weiterhin eine Verzinsung von vier Prozent für Einlagen bei der Notenbank. Dies bedeutet voraussichtlich anhaltend hohe Kosten für variable und neu aufgenommene Kredite für Haushalte. Auf der positiven Seite dürfen Inhaber von Sparguthaben nun mit etwas höheren Sparzinsen rechnen.

Die Entscheidung der EZB bezüglich der Zinsen kam nicht überraschend und war vielmehr erwartet worden. Die Inflation im Euro-Raum hat sich zuletzt überraschend deutlich abgeschwächt, während gleichzeitig die Bedenken hinsichtlich der Konjunktur wachsen. Vor dieser Entscheidung hatte die US-Notenbank Federal Reserve (FED) den Leitzins in den USA zum dritten Mal in Folge unverändert gelassen und Zinssenkungen für das kommende Jahr in Aussicht gestellt.

Trotz der Erwartungen vieler Volkswirte, dass auch die EZB im nächsten Jahr die Zinsen senken wird, warnte EZB-Präsidentin Christine Lagarde kürzlich davor, bereits einen Sieg über die Inflation zu verkünden. Es sei weiterhin angebracht, wachsam zu bleiben, bis die Teuerungsrate wieder das mittelfristige Ziel von zwei Prozent erreicht.

Die Teuerung im Euroraum hat im November merklich nachgelassen. Die Verbraucherpreise stiegen laut Eurostat um 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, nach 2,9 Prozent im Oktober. Die EZB strebt mittelfristig stabile Preise mit einer Inflationsrate von 2,0 Prozent im gesamten Währungsraum an.

Nach einer beispiellosen Serie von zehn aufeinanderfolgenden Zinserhöhungen zur Bekämpfung der hohen Inflation im Oktober haben die Währungshüter erstmals die Zinsschraube nicht weiter angezogen. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage dämpfen und hohen Inflationsraten entgegenwirken kann. Gleichzeitig sind teurere Kredite eine Belastung für die Wirtschaft, da kreditfinanzierte Investitionen teurer werden.

Die Wirtschaft im Euroraum zeigt Anzeichen von Schwäche. Im dritten Quartal schrumpfte die Wirtschaftsleistung laut Eurostat um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Im zweiten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent gewachsen, nach einer Stagnation zu Jahresbeginn. Die deutsche Wirtschaft wird laut Einschätzung von Bundesregierung und Ökonomen voraussichtlich im Gesamtjahr 2023 leicht schrumpfen.